Themenmonat Juni: Ein gerechter Wandel der Mobilität

In unserer Studie geht es um gesunde und gerechte Mobilität. Doch was heißt „gerecht“? Wir stellen dazu ein besonders wichtiges Modell aus der Nachhaltigkeitsforschung vor: das Donut-Modell (Raworth, 2018) [1]. Es zeigt, wie ein gutes Leben für alle möglich ist, ohne dabei die ökologischen Grenzen des Planeten zu überschreiten. Deutlich wird: Mobilität muss so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse aller Menschen erfüllt und eine gesunde Umwelt auch in Zukunft erhält. 

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Infografik: Donut-Modell zum Zusammenspiel von planetaren und sozialen Grenzen von Kate Raworth (2018). © Lone Thomasky / AMBER 2025.
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Donut aus Hefeteig mit Zuckerguss und Streuseln

Das Donut-Modell

Viele kennen Donuts als ringförmige Gebäckstücke. Anknüpfend an diese Form bezeichnet die britische Ökonomin Kate Raworth ihr Modell als Donut-Ökonomie [1]. Der äußere Rand des Donuts (in der Infografik grün) steht für die ökologischen Grenzen unseres Planeten, auch planetare Grenzen genannt, die wir nicht überschreiten dürfen. Der innere Rand (rot) zeigt die menschlichen Bedürfnisse und somit, was Menschen zum Leben brauchen. Dazwischen liegt der „sichere und gerechte Raum“ (Donut in blau), in dem ein gutes Leben für alle möglich ist, ohne die Umwelt zu zerstören.


Das Modell zeigt also, in welchem Rahmen wir als Menschheit gut leben können, ohne die Erde zu überlasten. Es ermöglicht, die ökologische und soziale Ebene zusammenzudenken und Visionen für einen gerechten Wandel für unsere Gesellschaft zu entwickeln. 

Planet Erde aus dem Weltall gesehen

Planetare Grenzen respektieren

 

Wie viel kann die Erde aushalten, ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten? Planetare Grenzen zeigen, wie wir mit Ressourcen umgehen sollten, damit die Erde auch für zukünftige Generationen lebenswert bleibt. Forschende nennen derzeit neun solcher Grenzen. Schon sechs davon sind überschritten, was gefährlich ist für die Stabilität unserer Lebensgrundlagen [2, 3].


Auch unsere heutige Mobilität trägt zur Überschreitung der planetaren Grenzen bei:

  • Autos, Flugzeuge und Schiffe stoßen viel CO₂ aus und treiben den Klimawandel an [4]. 
  • Straßen und Parkplätze versiegeln Böden und zerstören Lebensräume für Tiere und Pflanzen, was zu massiven Landnutzungsveränderungen führt [5]. 
  • Abgase aus dem Verkehr verschmutzen die Luft („Aerosolbelastungen der Atmosphäre“), was der Umwelt und unserer Gesundheit schadet [6]. 
  • Auch den Eintrag neuartiger Substanzen, zum Beispiel Mikroplastik, treibt der Verkehr voran: etwa durch den Abrieb von Reifen, Bremsen und Straßen sowie Motorverschleiß [7].


Ein Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität ist deshalb dringend notwendig, um die Erde als lebenswertes Zuhause für uns alle zu erhalten. 

Unterschiedliche Hände klatschen sich ab

Verschiedene Bedürfnisse anerkennen und erfüllen 

Menschliche Bedürfnisse sind das Fundament des Donut-Modells. Es geht darum, was Menschen für ein gutes Leben brauchen. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, leben Menschen im „Loch“ des Donuts, also im Mangel.


Mobilität spielt dabei eine wichtige Rolle: Sichere und saubere Wege – etwa für Rad- oder Fußverkehr – fördern Gesundheit und Lebensqualität [8]. Wer mobil ist, kann am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, zum Beispiel an kulturellen Angeboten oder politischen Entscheidungen [9].

Nicht alle Menschen können Mobilitätsangebote gleich gut nutzen:


  • Menschen mit wenig Geld können sich oft kein Auto oder Fahrrad leisten und haben manchmal auch Probleme, Bus oder Bahn zu bezahlen [9, 10]. 
  • Menschen mit Behinderung stoßen oft auf Hindernisse, weil viele Haltestellen oder Fahrzeuge nicht barrierefrei sind [11].
  • Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen, die einer ethnischen Minderheit angehören, erleben manchmal Diskriminierung im Verkehr, beispielsweise ungerechtfertigte Kontrollen [12].
  • Frauen sind oft in der Mobilität benachteiligt, weil ihre vielfältigen Wege und Bedürfnisse bei der Verkehrsplanung weniger berücksichtigt werden [13].
  • Kinder können sich oft nicht frei oder sicher in der Stadt bewegen, weil die Straßen zu gefährlich sind oder es keine sicheren Wege für sie gibt [14].


Manche Menschen sind von verschiedenen dieser Benachteiligungen gleichzeitig betroffen, etwa eine Frau mit Behinderung oder eine Schwarze Person mit geringem Einkommen [15]. Das macht es für sie noch schwerer, gut und sicher unterwegs zu sein. So wird Mobilität zur Frage von Gerechtigkeit. Um die Bedürfnisse aller zu erfüllen, braucht es gesellschaftliche Veränderungen – hin zu einer fairen und nachhaltigen Mobilität für alle [16]. 

Öffentlicher Nahverkehr und schattige Bäume

Wie kann Wandel für eine gesunde Mobilität für alle aussehen? 

Das Donut-Modell hilft dabei, anders als bisher über Mobilität nachzudenken. Es lenkt den Fokus auf ein Gleichgewicht zwischen sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz. Konkret heißt das zum Beispiel: weg von einer Stadt, die vor allem für Autofahrende gebaut wurde, hin zu öffentlichen Räumen, in denen alle Verkehrsteilnehmenden gesund, nachhaltig und sicher unterwegs sein können. 


Wie das aussehen kann?

  • barrierefreier, gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr 
  • sichere und barrierefreie Wege für Fußgänger:innen und Rollstuhlfahrende 
  • eine sichere Infrastruktur für Radfahrende 
  • kurze Wege, die im Alltag ohne Auto zurückgelegt werden können  
  • mehr Platz für Stadtgrün und weniger versiegelte Straßen [17] 
  • Sitzgelegenheiten und schattige Orte 

Veranstaltungstipps im Juni

1. Juni – Sternfahrt und Umweltfestival

Bei der Fahrraddemo Sternfahrt vom ADFC geht es gemeinsam von 11:00 bis 18:00 Uhr auf die Straße für mehr nachhaltige Mobilität. Infos zu genauen Routen und Startuhrzeiten der Fahrraddemo gibt es hier

Am gleichen Tag gibt es das Umweltfestival am Brandenburger Tor.

4. Juni – Hitzeaktionstag

Der Hitzeaktionstag thematisiert, wie Menschen sich vor Hitze besser schützen können.

6. Juni – Bundesweiter Bicibus-Tag 

Zum Bicibus-Tag für sichere Verkehrsinfrastruktur gibt es um 7:15 Uhr im Kissingenviertel die Fahrraddemo „Mit dem Fahrrad gemeinsam sicher unterwegs zu Schule und Kindergarten“.


14. bis 15. Juni –  Langer Tag der Stadtnatur

Erlebnistouren, Mitmachaktionen und vieles mehr. Lerne Deine Stadt und die Natur um Dich herum besser kennen.

15. Juni – Fahrsicherheitstraining

Beim Fahrsicherheitstraining des ADFC kritische Situationen und Herausforderungen auf dem Rad meistern. Ab 10:00 Uhr für drei Stunden am Olympischen Platz.

16. Juni – VCD Online Seminar "Mobilität in Zahlen"

Von 20:00 bis 21:30 Uhr präsentiert die Verkehrsforscherin Dr. Ilka Dubernet erste Ergebnisse und Auswertungen der neusten Erhebung Mobilität in Deutschland von 2023. Die Einwahl erfolgt über diesen Zoom-Link.

21. bis 28. Juni – Senior:innenwoche 

Die 51. Berliner Senior:innenwoche „Miteinander im Kiez“ bietet ein vielfältiges Programm in ganz Berlin.

21. Juni – Tag der Verkehrssicherheit

Am  gibt es überall in Berlin unterschiedliche Veranstaltungen sowie Materialien vom DVR (Deutscher Verkehrs Rat).

23. Juni – AG Rad&Fuß

Die Arbeitsgemeinschaft AG Rad&Fuß trifft sich um 18:00 Uhr, um sich  über eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und Verkehrssicherheit auszutauschen.

24. Juni – Training von Changing Cities

Offenes Treffen für Interessierte um 18:00 Uhr in der Stadtwerkstatt Mitte

28. Juni – Exkursion 

Exkursion zum Karower Kreuz vom VCD. Treffpunkt wird voraussichtlich Plau am See um 11:45 Uhr sein. Einzelheiten folgen.

28. Juni – Lange Nacht der Wissenschaften

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften von 17:00 bis 24:00 Uhr kann man in rund 50 wissenschaftlichen Einrichtungen Experimente, Vorträge, Wissenschaftsshows oder Laborführungen erleben. Tickets gibt es für 5 Euro.


Weitere Tipps siehe Terminseite

Quellenangaben

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[1] Raworth, K. (2018). Die Donut-Ökonomie: endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört. Carl Hanser Verlag GmbH Co KG.

[2] Potsdam Institut für Klimafolgeforschung (PIK). Planetare Grenzen – Ein sicherer Handlungsraum für die Menschheit. https://www.pik-potsdam.de/de/produkte/infothek/planetare-grenzen  


[3] Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) (o.J.). Planetare Belastbarkeitsgrenzen. https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit/integriertes-umweltprogramm-2030/planetare-belastbarkeitsgrenzen
 
[4] Umweltbundesamt (UBA). (2025) Emissionen des Verkehrs. https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/emissionen-des-verkehrs

[5] Umweltbundesamt (UBA). (2025). Bodenversiegelung. https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/boden/bodenversiegelung#ermittlung-der-bodenversiegelung

[6] Umweltbundesamt (UBA). (2025). Feinstaub-Belastung. https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/feinstaub-belastung#feinstaubkonzentrationen-in-deutschland

[7] Adamiec E, Jarosz-Krzemińska E, Wieszała R. (2016). Heavy metals from non-exhaust vehicle emissions in urban and motorway road dusts. Environ Monit Assess. 2016 Jun;188(6):369. doi: 10.1007/s10661-016-5377-1

[8] Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft (2024). Themendossier: Mobilität, Erreichbarkeit und soziale Teilhabe. https://www.arl-net.de/de/content/themendossier-mobilit%C3%A4t-erreichbarkeit-und-soziale-teilhabe

[9] Aljets, J. & Fischer, B. (2023). Mobilitätsarmut in Deutschland: Annäherung an ein unterschätztes Problem mit Lösungsperspektiven für mehr soziale Teilhabe und Klimaschutz. https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2023/Mobilitaetsarmut_Diskussionspapier/105_Mobilitaetsarmut.pdf

[10] MobileInclusion (2018). Armut und Mobilität in Hamburg und Berlin. https://www3.tuhh.de/vpl/stadtarmmobil/

[11] Bundeszentrale für politische Bildung (2023). Behinderung(en) und Mobilität. https://www.bpb.de/themen/inklusion-teilhabe/behinderungen/521507/behinderung-en-und-mobilitaet/

[12] Golian, S. (2019). Spatial Racial Profiling. Rassistische Kontrollpraxen der Polizei und ihre Legitimationen. In: Mohamed Wa Baile/ Serena O. Dankwa/ Tarek Naguib/ Patricia Purtschert/ Sarah Schilliger (Eds.), Racial Profiling (177-194). Bielefeld: transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839441459-011

[13] Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (2021). Frauen, Gender und Mobilität. https://www.rifs-potsdam.de/de/blog/2021/06/frauen-gender-und-mobilitaet

[14] Scheiner, J. (2019). Mobilität von Kindern: Stand der Forschung und planerische Konzepte, Raumforschung und Raumordnung / Spatial Research and Planning, ISSN 1869-4179, Sciendo, Warsaw, Vol. 77, Iss. 5, pp. 441-456

[15] Adusei-Poku, N. & Shooman, Y. (2012). Mehrdimensionale Diskriminierung. Aus Politik und Zeitgeschichte (APUZ), 62 (16/17), 47–57. https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/APuZ_2012-16-17_online.pdf

[16] Futura-Mobility (2025). The Impact Of Mobility On The Donut Model. https://futuramobility.org/en/%f0%9f%8d%a9-the-impact-of-mobility-on-kate-raworths-donut-model/

[17] Schwammstadt: ein Zukunftsmodell im Städtebau https://www.gruen-in-die-stadt.de/schwammstadt/